Elba 2014: Italienische Autobahnraststätten

Die weitere Reise verläuft ziemlich ereignislos. Wir machen ein paar wenige Zwischenhalte, um einen Kaffee zu trinken und dem WC die Referenz erweisen. Die Autobahnraststätten in Italien sind legendär. Sie gehören ebenso zur Italianità, wie die Düfte von Pinien- oder Olivenhainen, wie Pasta und frutta di mare, wie Berlusco… aber nein, lassen wir das…

Diese Autobahnraststätten sind kleine Einkaufszentren mit einem Angebot, das grosse Einkaufszentren vor Neid erblassen lässt: Bücher, Spielzeuge für kleine Quengelreisende, kitschige Souvenirs, Lollis, die so gross sind wie Tennisbälle mit einem Schleckindex von zwei bis drei Jahren, (vermutlich gesponsert von der italienischen Zahnärzte-Gilde), Vasen, Rasierzeug, Hygieneartikel für die holde Weiblichkeit, Jacken, Hosen, Socken, Sonnenbrillen und -creme bis hin zu Lebensmittel aller Art.

Und dann sind da noch die Restaurants. Das System der Nahrungsmittelbeschaffung in den Raststätten ist so simpel wie gewöhnungsbedürftig: zuerst bezahlen, dann futtern. Was ganz einfach klingt, ist in der Praxis um einiges komplizierter:

Phase 1

Man begibt sich auf die rechte Seite, wo die Panini, Pizzen oder Süsswaren verlockend, aber unerreichbar hinter einer Panzerglasscheibe zur Schau gestellt sind. Man lässt das hungrige Auge über die auf aparten Schildchen angeschriebenen Köstlichkeiten schweifen, bis man nach langem Suchen ein appetitliches Etwas gefunden hat.

Phase 2

Jetzt sind die grauen Zellen gefragt. Man versucht sich krampfhaft den Namen des Objektes der Begierde zu merken: Ciabatta con prosciutto crudo. Wenn man endlich das Gefühl hat, den Namen verinnerlicht zu haben folgt

Phase 3

Man wechselt die Seite und reiht sich in die endlose Schlange ein, die vor der Kasse ansteht. Während man der jungen Dame, welche an der Kasse sitzt, immer näher rückt, memoriert man pausenlos den Namen des Brötchens: « Ciabatta con prosciutto crudo, Ciabatta con prosciutto crudo, Ciabatta con prosciutto crudo…»

Und wenn man schliesslich vor der Kasse steht, hat man prompt den Namen vergessen.

«Un Ciuba-, Ciabu-, ähm, pro-dingsbums…», stammelt man und wird rot. Je nachdem, wes Geistes Kind die Dame an der Kasse ist, kann sie die gestammelten Wortfetzen zum richtigen Produkt zusammensetzen und fragt voll von Italianità: «Una Ciabatta con prosciutto crudo?» und die erleichterte Antwort: «Si, si!» Man sagt dieses kleine Wörtchen gerade zweimal, weil es das einzige italienische Wort ist, das man fehlerfrei beherrscht. Zum Glück für alle Beteiligten tönt Kaffee in allen Sprachen ähnlich, so dass man schliesslich mit bezahlter Rechnung und einem Papierschnipsel in der Hand wieder auf die andere Seite wechseln kann, wo

Phase 4 beginnt

Man geht also zum Panzerglas mit den Köstlichkeiten, wartet brav, bis man an der Reihe ist und streckt der etwas mürrisch dreinblickenden Frau, wenn sie dann mal Zeit hat, das Zettelchen entgegen. Sie wirft einen Blick darauf. «Ciabatta crudo», murmelt sie. Dann zeigt sie auf eine Lücke zwischen zwei Panzerglasscheiben, wo sie einem das Ciabatta durchzureichen gedenkt.

Geschafft! Mit dem Brot in der Hand wechselt man zur Kaffee-Bank. Dort stehen die meisten Leute: Chauffeure, die mit einem starken Espresso die beginnende Müdigkeit aus den Knochen vertreiben, bevor es wieder auf Achse geht, Touristen, welche in Italien Ferien machen, Geschäftsleute mit Krawatte und Anzug, trotz der Hitze und schliesslich ganz einfach Italiener, die mit ihren Fiats von A nach B wollen und in der Raststätte eine Kaffee-Pause einschalten.

Die Kaffeemaschine ist ein beeindruckendes Ding. Gross, wie eine Dampfwalze, versehen mit ein paar Dutzend Zapfstellen, die alle fein säuberlich angeschrieben sind. Die Italiener sind das Volk der Kaffeetrinker. In keinem Land der Welt gibt es so viele verschiedene Aufbereitungsarten von Kaffee wie in Bella Italia. Selbst die viel kleineren Kaffeemaschinen in den Hotels haben einiges mehr an Kaffee zu bieten, als wir das bei uns üblich ist: Caffè lungo, Caffè latte, Espresso, Latte macchiato, Caffè orzo, Capuccino – und jede dieser Kaffeearten gibt es in mehreren Variationen: mit mehr oder weniger Kaffee, mit mehr oder weniger Milch, mit mehr oder weniger Schaum…

Hinter dem Tresen steht der Kaffee-Spezialist. Er trägt eine rote Mütze und wirft ebenfalls einen kurzen Blick aud den Zettel. Dann schraubt er einen Kolben aus der Fassung und schlägt ihn mehrmals auf eine hölzerne Rolle in einer halb geöffneten Schublade, um den Kaffee aus dem Behälter zu entfernen. er nimmt einen mehr oder weniger sauberen Lappen, wischt damit den Kolben aus und füllt ihn mit neuem Kaffee, der in der Maschine frisch gemahlen wird. Er dreht ihn in die entsprechende Fassung, stellt – je nach Kaffeeart – eine grössere oder kleinere Tasse darunter. Meistens sind es winzige Espressotässchen, kaum viel grösser als ein Fingerhut. Dann drückt er auf einen der hunderttausend Knöpfe. Die Maschine beginnt zu dampfen, zu zischen, zu blubbern und füllt schlussendlich die Tasse zur Hälfte mit dem heissen, aromatischen Getränk. Zeit für

Phase 5

Zweifellos die angenehmste Phase. Man sucht sich ein freies Stehtischchen und kann endlich das Ciabatta und den Kaffee geniessen. Man hat sich beides ja schliesslich auch richtiggehend erkämpfen müssen.

Buon appetito!

Ciabatta für uns - Benzina fürs Auto

Was für uns der Espresso und das Ciabatta sind, ist für das Auto das Benzin. Zu den Raststätten gehören natürlich auch die Tankstellen. Zapfsäule an Zapfsäule und ähnlich, wie beim Kaffee, gibt es hier auch die unterschiedlichsten Sorten. Unser Wagen bevorzugt "Senza Piombo".

Tagsüber ist das Prozedere so, dass man den Tank füllt, sich die Nummer der Zapfsäule merkt und dann zur Kasse geht, um zu bezahlen.

Nachts hingegen ist es umgekehrt. Man geht zur Kasse knallt einen 50 €-Schein auf den Laden und geht dann tanken. Genau für 50 € und keinen Cent mehr.

Übrigens, in Italien ist das Benzin gleich teuer wie bei uns. 1 Liter kostet in der Schweiz um 1.70 Fr. in Italien ebenfalls. 1.70. €uro...